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Wenn virtuelle Welten den Alltag bestimmen

  • Autorenbild: Tobias Ziltener
    Tobias Ziltener
  • 12. Okt.
  • 3 Min. Lesezeit
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Sie sitzen stundenlang vor dem Bildschirm, tauchen ab in fremde Universen, meistern Quests und erleben Abenteuer – das digitale Spielen fesselt und fasziniert viele, gerade junge Menschen. Doch wo endet das harmlose Vergnügen und wo beginnt die Sucht, die das soziale Leben und die Gesundheit bedroht? Die Fachstelle Gamesucht beobachtet seit Jahren die Entwicklung dieses Phänomens und analysiert, wie eine ungehemmte Gaming-Leidenschaft in gefährliche Abhängigkeit umschlagen kann.


Faszination mit Schattenseiten

Computerspiele sind zu einem festen Bestandteil des Alltags geworden: Sie bieten Eskapismus, Unterhaltung und eine soziale Bühne, auf der Freundschaften entstehen können. Die meisten von uns kennen Gaming als Hobby, als Mittel gegen Langeweile oder sogar zur Stressbewältigung. Doch nicht selten geraten Menschen in einen Strudel negativer Folgen. Wenn die Kontrolle zu entgleiten droht, treten klassische Symptome auf: Konflikte mit Familie und Freunden wegen ausufernder Online-Zeiten, schulisches oder berufliches Versagen, soziale Isolation und sogar das Lügen über die eigentlichen Spielzeiten. Hier setzen erste Warnzeichen an, die oft zu spät erkannt werden.


Wann wird Spielen zur Sucht?

Nach der internationalen Klassifikation ICD-11 gelten drei Kriterien für eine offizielle Diagnose der Gamesucht: Erstens ist die Kontrolle über Beginn, Häufigkeit und Dauer des Spielens entscheidend beeinträchtigt; zweitens erfährt das Gaming eine zunehmend höhere Priorität gegenüber anderen Lebensinteressen; und drittens wird das Verhalten trotz klarer negativer Konsequenzen unbeirrt fortgesetzt – und dies über einen Zeitraum von mindestens zwölf Monaten. 

Die Mechanismen im Hintergrund sind vielschichtig: Entwickelnde Studios nutzen ausgeklügelte Belohnungssysteme, Zufallselemente, und psychologische Trigger, um die Spielzeit ihrer Nutzer*innen gezielt zu verlängern. Sofortiges Feedback, Micropayments, soziale Interaktionen und Wettbewerbe verstärken das Bindungspotenzial. Die ständige Unvorhersehbarkeit und das visuelle wie akustische Feedback führen dazu, dass das Belohnungszentrum im Hirn überaktiviert wird. Dies kann – insbesondere bei angeborener Impulsivität, schwachem Selbstwertgefühl oder mangelhafter Selbstkontrolle – zur Suchtentwicklung beitragen.


Persönliche Geschichten und die Suche nach Halt

Hinter den Statistiken stehen Geschichten: Jugendliche, die sich online mehr zu Hause fühlen als im echten Leben; Erwachsene, die trotz wiederholter Versuche ihre Spielzeit nicht einschränken können. Depressive Phasen, Reizbarkeit und Rückzug sind häufige Begleiterscheinungen. Das leidende Umfeld erkennt zu spät, dass das eigene Kind lieber mit Online-Freunden Zeit verbringt als gemeinsam am Esstisch – und das digitale Abenteuer das reale Leben verdrängt. 

Doch es gibt Wege aus der Krise. Die Rückkehr zu gemeinsamen Hobbies, die Förderung von offline Freundschaften und das offene Gespräch bieten erste Ansätze. Achtsamkeit bleibt zentral: Wer Anzeichen von Kontrollverlust, sozialem Rückzug und ständiger Beschäftigung mit Games erkennt, sollte frühzeitig professionelle Hilfe suchen. Hilfsangebote wie die spezialisierte Fachstelle Gamesucht bieten Beratung, Workshops sowie pädagogische und therapeutische Unterstützung.


Prävention und Hilfsangebote

Der Schlüssel zur Prävention liegt in der Sensibilisierung. In Schulen, Jugendzentren und im Elternhaus gilt es, die eigene Bildschirmzeit zu reflektieren und Gefahren zu thematisieren. Wer offen über die Faszination und Risiken spricht, kann einen bewussteren Umgang mit Gaming fördern. Programme wie Beratungsgespräche, Selbsthilfegruppen und ambulante Therapieformen bieten Betroffenen echte Perspektiven.

Die Game-Branche erzeugte allein 2025 weltweit einen Umsatz in Milliardenhöhe, doch die gesellschaftlichen Kosten sind oft unsichtbar. Die Fachstelle Gamesucht fordert deshalb Hersteller und Politik zu Verantwortung auf: Mehr Transparenz über Suchtmechanismen, Schutz für gefährdete Gruppen und die Verpflichtung zu wirksamer Prävention.


Wer ist gefährdet?

Gerade Kinder und Jugendliche, die emotional instabil sind oder bereits familiäre Belastungen erfahren, laufen Gefahr, den Schritt vom Spiel zur Sucht zu vollziehen. Aber auch Erwachsene, die im Stress des Alltags einen scheinbaren Ausweg im digitalen Raum suchen, sind betroffen. Entscheidend ist ein gesellschaftliches Umfeld, das aufmerksam bleibt – und Unterstützung anbietet, bevor die virtuelle Welt das Leben bestimmt.


Fazit

Gamesucht ist keine Randerscheinung, sondern Teil der digitalisierten Lebensrealität. Es braucht eine soziale Offensive, die aufklärt, schützt und hilft – unterstützt von einer Präventionspolitik, die den Menschen und nicht den Profit ins Zentrum stellt. Die Fachstelle Gamesucht bleibt Anlaufstelle für alle, die den Sprung zurück ins reale Leben wagen und gemeinsam Wege aus der virtuellen Abhängigkeit suchen. Jeder Schritt raus aus der Sucht beginnt mit dem offenem Gespräch und dem Mut, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen.


Dieser Blogartikel ist auf Basis unseres Referates an der Kantonsschule Ausserschwyz enstanden. Hier gehts zum der Präsentation:



 
 
 

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